Schmaus beim Schmaus
Der Abend begann fulminant. Kurz zuvor hatten wir noch im Erdgeschoß der
mittelalterlichen Patrizierburg vor freundlichen Damen stolz mit unseren Corona-
Apps gewedelt. Dann vorschriftsmäßig maskiert den Fahrstuhl in den 4. Stock
genommen, mitfahrende Genußkollegen*innen mit Fäusten und Augenzwinkern
begrüßt, im Freien auf der Dachterrasse des STORSTAD gierig die frische
Abendluft eingesogen. Und plötzlich war alles anders. Vor der Kulisse des
Regensburger Doms machte sich Erleichterung breit. Im Gewusel des noch
ungewohnt geselligen Miteinanders servierten geübte Servicemitarbeiter*innen
ein schäumendes Meisterwerk in Form eines 2012er Chardonnays vom Sekthaus
Raumland zu den delikaten Amuse-Bouches. Ein erstes Ausrufezeichen war
gesetzt.
Anton Schmaus ist schon lange kein Unbekannter mehr. Sternekoch in seinem
schwedisch angehauchten Storstad über den Dächern von Regensburg, ein
Weltenbummler mit weiteren gastronomischen Fußabdrücken in der Stadt, Koch
der Fußball-Nationalmannschaft, auch medial omnipräsent … soweit die Fakten in
Holzschnitt-artiger Zusammenfassung.
Hätte jemand erwartet, der Abend würde in gewohnter High Class - Routine über
die Bühne gehen, hätte er sich getäuscht. Was Anton und seine Frau Anna an
diesem Abend ablieferten, war nichts weniger als ein gastronomisches
Feuerwerk.
Den kulinarischen Reigen eröffnete eine gebeizte Gelbschwanzmakrele, gewürzt
mit einem ungewöhnlichen Mix aus Stachelbeere, Sesam, Holunder und
Koriander. Dazu kredenzte uns das Haus einen fein ziselierten 2016er Halgans
Riesling von Schönleber aus der Nahe. Dann gab der ebenfalls besternte
Sushimeister von der Hausbar nebenan, Atsushi Sugimoto, mit einer sorgfältig
zubereiteten Königskrabbe eine Kostprobe seines Könnens. Damit nicht genug.
Die kulinarische Fabulierlust setzte sich fort mit einem Heilbutt, begleitet von
Chorizo, Tomate und Tamarinde. Der Wein dazu: Eine Cuvée aus Weißburgunder
und Chardonnay von Bernhard Huber aus Baden. Spätestens jetzt kommt das
subtile Gespür der Sommelière, Anna Rupprecht, ins Spiel. Die leicht oxidative
Note des Weines harmonierte hervorragend mit der Würze des Gerichts. Ich war
begeistert, wenngleich der Wein wegen seines ungewöhnlichen Charakters nicht
bei allen Mitgliedern auf Beifall stieß. "Man muß sich was trauen. Weiter so
Anna!" möchte man ihr zurufen. Der nächster Gang: Wagyu mit Steinpilzen und
Wintertrüffeln. Auch hier eine großartige Harmonie zwischen Teller und Glas
(Pinot Noir vom Johanneshof Rheinisch). Ein leichtes Dessert von Zwetschge,
Ingwer und weißer Schokolade setzte einen feinsüßen Akkord hinter den
grandiosen Schmaus.
Georg Graf von Walderdorff und Dr. Candida Mattis-Nahr würdigten die
gastronomische Leistung ausgiebig in Menübesprechung und Mitarbeiterehrung.
Immer wieder unterbrach frenetischer Beifall ihre Laudationen. Was die Küche
um Anton Schmaus und Chefkoch Josef Weig und der Service um Anna Schmaus
an diesem Abend geleistet haben, ist auch aller Ehren wert.
Schon immer war es ein Vergnügen, Gast im Storstad zu sein. Aber heute
beschleicht mich so ein Gefühl: Dort kehrt niemals Routine ein. Von Mal zu Mal
wird´s eine Spur raffinierter, edler, stimmiger. Da ist eine Entwicklung zu
erkennen.
Mein persönliches Fazit im überkommenen Michelin-Jargon: Zwei Sterne plus.
Wieder an der frischen Luft rieb ich mir verwundert die Augen. Was war das denn
heute? Einfach GROSSES KINO unter dem wolkenverhangenen Himmel von
Regensburg.
Text: Anton Röhrl Vice Chancelier | Fotos: Michael Krug Photographie